Neuland

Der Begriff ist einfach Unsinn. Als ich vor ungefähr 25 Jahren in Hannover das erste Mal damit betraut wurde, eine Abteilung für – so nannte man da damals – »Neue Medien« zu gründen, war das Internet schon kein »Neuland« mehr. Als Informationsplattform hatte es sich bereits etabliert und ein paar Millionen nutzten es bereits tagtäglich, freilich basierend auf mehr oder weniger Medienkompetenz. Daran hat sich bis heute – abgesehen von den Nutzerzahlen – nur wenig geändert.

Es liefert Informationen relativ zielgruppengerecht aus, fokussiert durch Big Data und UX auf die Bedürfnisse der Nutzer, die ihrerseits durch die Mitgliedschaft in sozialen Netzen und Anfragen in Suchmaschinen dazu beitragen, zielgruppenspezifisch angesprochen werden zu können. Und genau das ist das Problem.

Die Vorteile liegen auf der Hand – die Nachteile auch.
Der normale Konsument bewegt sich gerne in geschlossenen Systemen/Gruppen. Er empfindet das als heimelig, eine normale menschliche Reaktion. Das »vertraute Umfeld« vermittelt ihm Sicherheit innerhalb eines immer größer werdenden und ihn letztlich überfordernden Informationsangebotes. Betroffen ist natürlich auch das Segment Werbung/Verkaufsförderung. Gerade Player wie Facebook, Instagram und Google tragen hier nicht dazu bei, Märkte zu öffnen.

Vielmehr konzentrieren sie sie durch die Bildung von Filterblasen (Was gerne bestritten wird.). Der Nutzer organisiert die Auslieferung von Informationen an ihn durch sein eigenes Online-Verhalten. Die Mehrheit der Nutzer, die mit den immer gleichen Menschen kommunizieren, die ähnliche Ziele, Hobbys und Bedürfnisse verfolgen, schließen also selbst aus, dass Alternativ-Angebote sie überhaupt erreichen. Die Folge: Die Konzentration auf seine Interessen kapselt den Konsumenten ab, was nicht im Sinne eines vielschichtigen und offenen Marktes sein kann.

Alles auf Anfang? Nein.
Ist es nun zielführend, den einmal eingeschagenen Weg gänzlich zu verlassen und wieder Anzeigen zu schalten, Handzettel zu verteilen? Natürlich nicht. (Aber gegebenenfalls auch.) Entscheidend ist, dem Nutzer Interesse entgegen zu bringen und dies auch zu konkretisieren.

Nahm sich der Werbemarkt zu rein analogen Zeiten noch aus wie ein dichtes Wäldchen, bewegen wir uns heute in einem unüberschaubaren Urwald, in dem der geneigte Wanderer allzu oft den Überblick verliert und ggf. auf einer Lichtung verharrt und sich nicht weiter bewegt.

Was ist also zu tun? Wie würde es der erfahrene Guide im Dschungel oder im Gebirge halten? Er würde sicherlich nicht warten, bis sich der Wanderer immer weiter verirrt oder erfurchtsvoll erstarrt. Er würde ihn vorher informieren, ihm eine Karte an die Hand geben, ihm Alternativen für den Fall der Fälle aufzeigen.

Was ist also zu tun?
Nach wie vor gilt es, den Konsumenten zu erreichen, sein Partner zu sein. Erreichbar ist er aber nur, wenn er angesprochen wird (… und dies auch zulässt). Dieser Vorgang ist entgegen aller Versprechungen der Online-Marketing-Gurus allerdings nicht automatisierbar, da der Konsument die notwendigen Informationen eben nur dann erhält, verlässt er seine durch das System selbst initiierte Filterblase.

Eine Lösung ist nach wie vor, Online- und Offline-Aktivitäten aufeinander abzustimmen. Erreicht man einen potenziellen Kunden im Netz nicht, weil er aufgrund seines Surfverhaltens nur noch zwei oder drei Produktgruppen angeboten bekommt, muss sein Interesse offline geweckt werden. Gerade im Bereich Veranstaltungen hat sich gezeigt, dass werbliche Maßnahmen, die sich auf Online-Aktivitäten beschränken, alleine den gewünschten Erfolg nicht bringen.

Neben dem Punkt, dass eine Vielzahl möglicher Interessenten nie erreicht wird, spielt die Wertigkeit eine Rolle. Um es profan auszudrücken: Eine Visitenkarte oder ein gedruckter Flyer vermittelt mehr Personality und somit mehr Verbindlichkeit, als jede singuläre Social-Media-Kampagne. Diese muss zudem penetrant gefahren werden, da sie sonst innerhalb von Stunden in Vergessenheit gerät.

Der Lockstoff besteht aus Papier.
Wer Konsumenten in »fremden Filterblasen« erreichen möchte, muss zusätzlich konventionelle Wege gehen, um Social-Media-Inhalte und Websites zu promoten. Erst dann besteht die Chance, Filterblasen aufzubrechen und neue Kundenkreise zu erreichen. Zielführend ist es also, die Medien zu verbinden, um bislang eher geschlossene Konsumentengruppen zu erreichen.

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